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Alternative: Hausgeburt – warum ich mein Kind zu Hause bekomme

Alternative: Hausgeburt – warum ich mein Kind zu Hause bekomme

Kaum ein Thema ist so polarisierend wie die Hausgeburt, das Gebären im eigenen Zu Hause. Häufig wird sie mit negativen Vorstellungen assoziiert und als gefährlich und waghalsig eingestuft. Auch spielt sie in der Öffentlichkeit so gut wie keine Rolle. Oft fehlt das Wissen über den Ablauf einer Hausgeburt, da sich die wenigsten Menschen damit beschäftigen und so die Risiken nicht einschätzen können. Das führt zu Unsicherheiten. 

Mein zweites Kind ist als geplante Hausgeburt in unserem Wohnzimmer zur Welt gekommen. Für mich war dieses Erlebnis sehr einzigartig und besonders. Auch ich konnte mir zunächst eine Geburt im eigenen Zu Hause nur schwer vorstellen. Erst als ich anfing, mich genauer darüber zu informieren, wurde die Hausgeburt eine ernstzunehmende Option. Auch rückblickend würde ich mich immer wieder dafür entscheiden. Für alle, die schwanger sind und vor der Frage stehen, wo sie entbinden möchten oder diejenigen, die das Thema auch einfach so interessiert, gebe ich in diesem Beitrag einen Überblick zur Hausgeburt.

Bitte habe Verständnis, dass ich keine Expertin für das Thema bin, sondern dich hier an meiner Recherche und meinen eigenen Erfahrungen teilhaben lasse. Wenn du unsicher bist, berät dich deine Hebamme.

Wann kann ich zu Hause gebären?

Denkst du über eine Entbindung in deinen vier Wänden nach, wird deine Gynäkologin oder dein Gynäkologe und deine Hebamme genau prüfen, ob die Hausgeburt für dich möglich und geeignet ist. Gegen eine Geburt zu Hause ist nichts einzuwenden, wenn du gesund bist und alle absehbaren Komplikationen ausgeschlossen werden können. Dazu zählen eine Risikoschwangerschaft wie bspw. durch eine Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck oder eine Mehrlingsschwangerschaft. Auch bei absehbaren Komplikationen, die unter der Geburt auftreten können wie durch eine Beckenendlage des Kindes wird davon abgeraten.

Ein vertrauensvolles Verhältnis zu deiner Hebamme und deine Überzeugung, dass du auf die medizinische Betreuung in der Klinik verzichten möchtest, sind außerdem eine wichtige Voraussetzung. 

Wenn es unter der Geburt doch zu Komplikationen kommen sollte, hat die Hebamme viele Möglichkeiten, einzugreifen und dich gegebenenfalls in die Klinik zu verlegen oder einen Notarzt zu rufen.

Was spricht für eine Hausgeburt?

Eine Hausgeburt liegt vor allem dann nahe, wenn du dir eine selbstbestimmte Geburt wünschst. Den Ablauf der Geburt kannst du im Team mit deiner Hebamme selbst festlegen. Die ruhige und persönliche Atmosphäre der vertrauten Umgebung deines Zu Hauses hilft dir zu entspannen und den Geburtsschmerz im besten Fall als weniger schlimm zu empfinden. Positiv auf den Geburtsverlauf kann sich außerdem auswirken, dass du dich frei bewegen und die Position während der Wehen selbst wählen kannst. 

Hingegen unterliegst du bei einer Entbindung in einer Geburtsklinik in der Regel den Klinikprozessen. Oftmals betreut eine Hebamme unter der Geburt mehrere Gebärende gleichzeitig und pendelt zwischen den verschiedenen Kreissälen. Auch ist dieser nicht immer sofort frei und du musst zunächst beispielsweise mit einem Ctg- Raum Vorlieb nehmen. (Bei der Geburt meines ersten Kindes war ich die ersten Stunden in einem Raum, in dem sich die Hebammenkleidung befand, sodass beim Schichtwechsel alle paar Minuten eine sich entschuldigende Hebamme hereinkam.). Genauso kann dich ein Schichtwechsel der Hebammen betreffen, sodass du in die Geburt mit einer anderen Hebamme startest als die Entbindung endet.

Bei einer Hausgeburt kannst du hingegen sicher sein, dass sich deine Hebamme betreut, die dich bereits in der Schwangerschaft begleitet hat. Einige Hebammen rufen zur Geburt sogar noch eine Kollegin hinzu, die ihnen den Rücken freihält, damit sie sich voll und ganz auf die Gebärende konzentrieren kann. 

Welche Kosten fallen bei einer Hausgeburt an?

Die Hebammenrufbereitschaft (= deine Hebamme steht dir zu jeder Tages- und Nachtzeit für die Geburt zur Verfügung) ist unterschiedlich hoch und gehört nicht zum gesetzlich vorgeschriebenen Leistungskatalog der Krankenkassen. Einige Krankenkassen übernehmen dennoch einen Zuzahlung. Hier kannst du herausfinden, welchen Zuschuss deine Krankenkasse zahlt. Ich empfehle dir außerdem, dich bei deiner Krankenkasse zu informieren, wenn du eine Hausgeburt planst. 

Wie ist der Ablauf einer Hausgeburt?

Bei einer regelmäßige Wehentätigkeit oder dem Platzen der Fruchtblase, sollte deine Hebamme benachrichtigt werden. Sie hält sich Tag und Nacht für deinen Geburtsbeginn bereit. Alle wichtigen Utensilien, die für die Geburt benötigt werden, bringt sie mit. Um sich ein Bild davon zu machen wie weit die Geburt bereits vorangeschritten ist und um sicher zu sein, dass sie normal verläuft, untersucht sie die werdende Mutter in regelmäßigen Abständen. Schmerzmittel oder eine PDA können von einer Hebamme nicht verabreicht werden. Du entscheidest selbst, ob du dein Baby beispielsweise im Wasser in einem Gebärpool oder im Bett zur Welt bringen möchtest. Auch der Geburtsposition sind keine Grenzen gesetzt. Deine Hebamme ist während der Geburt  unterstützend an deiner Seite und leitet dich. Im Notfall ruft sie den Notdienst oder verlegt dich in eine Geburtsklinik. 

Nachdem dein Kind das Licht der Welt erblickt hat, übernimmt sie die Wundversorgung eventueller Geburtsverletzungen während ihr Eltern die ersten Augenblicke mit eurem Baby genießt. Anschließend findet die erste Vorsorgeuntersuchung, die U1, statt. In der Regel lässt deine Hebamme die Nabelschnur erst auspulsieren bevor sie durchtrennt wird. Auch dein Befinden wird von ihr überwacht. Nach der Geburt begleitet dich deine Hebamme im Wochenbett weiter. 

Wie finde ich eine Hebamme?

Wenn du über eine Hausgeburt nachdenkst, solltest du dich frühzeitig um eine Hebamme kümmern, die Hausgeburten betreut. Aufgrund der Hebammenknappheit in Deutschland empfiehlt sich die Suche schon direkt nach deinem positiven Schwangerschaftstest. Da die Kosten für die Haftpflichtversicherung der Hebammen in den letzten Jahren explosionsartig angestiegen sind, ist die Begleitung von Hausgeburten für viele Hebammen nicht mehr wirtschaftlich. Dementsprechend ist das Angebot und die Kapazität begrenzt. Beim ersten Kennenlernen berät dich die Hebamme zum Thema „Hausgeburt“ und klärt dich über Risiken auf. Deinen Schwangerschaftsverlauf beobachtet sie bei den regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Über die räumliche Begebenheiten deines Zu Hauses informiert sich die Hebamme bei einem Hausbesuch. In der Regel lernt sie auch da deinen Partner/ deine Partnerin und Geschwisterkinder kennen und bespricht, was für die Hausgeburt vorbereitet werden muss. Im Vorfeld schließen die Hebamme und die werdenden Eltern dann einen Vertrag ab, der u.a. die Rufbereitschaftspauschale regelt. 

Hinweis: Melde dich auch bei einer geplanten Hausgeburt unter Beachtung der zeitlichen Fristen in einer nahe gelegenen Geburtsklinik an (mit dem Hinweis auf eine geplante Hausgeburt).

Ist eine Hausgeburt nicht gefährlich?

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war eine Entbindung in den eigenen vier Wänden selbstverständlich. Auch bei unseren niederländischen Nachbarn entscheiden sich zwei von drei Frauen mit niedrigem Risiko für eine Hausgeburt. Doch wie sicher ist sie wirklich? Welche Risiken gibt es? Ist eine Hausgeburt sogar gefährlich?

Qualitätsbericht der außerklinischen Geburtshilfe 2019

Aus einer Untersuchung der QUAG e.V., der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V., aus dem Jahre 2019 geht Folgendes hervor: 

  • es wurden 14.319 geplante außerklinische Geburten erfasst, worunter 6.298 Geburten (ca. 44%) zu Hause stattfanden 
  • davon begann bei 56% der Frauen die Geburt am oder nach dem errechneten Termin
  • 84% erlebten wie geplant eine Hausgeburt. Darunter kamen 23,5% der Kinder im Wasser zur Welt, während 13,9% in der Seitenlage gebaren. 
  • 44,1 % von 13.584 Frauen mit einer vaginalen Geburt hatten keinerlei Geburtsverletzungen 
  • von 14.319 Frauen brachten 92,1 % ihr Kind spontan zur Welt
  • 99 von 100 Neugeborenen hatten nach fünf Minuten einen APGAR– Wert von sieben oder mehr.
  • 16 von 100 Frauen wurden während der Geburt in eine Klinik verlegt. Darunter waren mehr Erstgebärende als Zweit-oder Mehrgebärende. Der häufigste Grund für die Verlegung war ein Stillstand während der Geburt. Nur eine von 100 Frauen musste in Eile verlegt werden. Die Neugeborensterblichkeit lag bei 0,13 %.

Kohortenstudie von Hebamme Ank de Jonge

Bei einer Kohortenstudie der Hebamme Ank de Jone, die im Britischen Ärzteblatt veröffentlicht wurde, war das Komplikationsrisiko bei einer Geburt zu Hause sogar niedriger als bei einer geplanten Geburt in der Klinik. Bei ihrer Analyse stützt sie sich auf zwei Datenquellen sowie auf Schwangerschaften mit einem niedrigen Risiko. Es zeigte sich eine insgesamt geringe Komplikationsrate bei Hausgeburten als bei Klinikgeburten: Bei 2,3 auf 1000 Frauen nach einer geplanten Hausgeburt und 3,1 auf 100 Frauen nach einer geplanten Klinikentbindung kamen es zu schwer Geburtskomplikationen. Bei Zweitgebärenden kam es sogar nur bei einer von 1000 geplanten Hausgeburten gegenüber 2,3 auf 1000 geplanten Klinikgeburten zu schweren Komplikationen.

Die Studie zeigt, dass Hausgeburten eine sichere Option sind. Die speziellen Bedingungen in den Niederlanden mögen eine Rolle gespielt haben. Dazu gehört unter anderem, dass Hausgeburten eine lange Tradition haben und die Hebammen deshalb gut ausgebildet sind. Laut de Jonge kommt es bei einer geplanten Hausgeburt nur in 3,4 Prozent der Fälle zu einer Notüberweisung in die Klinik.

Manche Frauenärzte und Verbände halten die Hausgeburt dennoch für risikoreich. In einem Positionspapier aus dem Jahr 2018 lehnt die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) die außerklinische Geburtshilfe ab. Kritisiert wird u.a., dass bei einem Notfall nicht ad hoc reagiert werden kann. „Eine wichtige Voraussetzung ist deshalb, dass die Frau im Notfall schnell in die Klinik gebracht werden kann.“, so Prof. Dr. Karim Kalache, Leiter der Abteilung für Maternal- Fetale Medizin des Sierra Medical and Reasearch Center in Doha, Quatar.  

Fazit

Es wird deutlich, dass es bei der Entscheidung für oder gegen eine Hausgeburt Vor- und Nachteile abzuwägen gilt. Sich im Vorfeld gut zu informieren ist das A und O. Geeignete Ansprechpartner sind hier weniger das Internet. Um für Kind und Mutter eine sichere Entscheidung treffen zu können, sollte eine ist eine Beratung und Begleitung in erster Linie durch die Hebamme deines Vertrauens erfolgen. Letztendlich muss jede Familie für sich selbst entscheiden, welche Form der Entbindung für sie die Richtige ist.

Wie bereite ich eine Hausgeburt vor?

Eine Hausgeburt ist vorbereitungsintensiver als eine Entbindung in einer Geburtsklinik. In meiner Checkliste gebe ich dir einen Überblick für alles, was du benötigst. Deine Hebamme wird dir rechtzeitig zusätzlich alles Wichtige nennen, was du für den Tag der Tage benötigst.

Tipp für Geschwisterkinder

Bekommst du ein zweites oder weiteres Kind empfehle ich dir das Bilderbuch Runa kommt zu Hause zur Vorbereitung der Geschwisterkinder auf die bevorstehenden Hausgeburt. Mit unserem Sohn haben wir im letzten Trimester der Schwangerschaft außerdem mehrmals das Video Eine Hausgeburt mit der ganzen Familie – die Sendung mit dem Elefanten geschaut, was auch für uns Eltern super interessant ist.

Jetzt hast du eine Menge über die Hausgeburt erfahren. Die Entscheidung wo und wie du entbinden möchtest, ist sehr individuell. Mein Favorit wird die Hausgeburt bleiben, auch wenn ich bei Risiken oder Komplikationen den Weg in die Klinik auf keinen Fall scheuen würde. Wie stehst du zu einer Hausgeburt?

Kids are just fantastic!

Quellen meiner Recherche:

  • „Qualitätsbericht 2019. Außerklinische Geburtshilfe in Deutschland, Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. (QUAG e.V.), abgerufen unter: https://www.quag.de/downloads/QUAG_Bericht2019.pdf (05/2021)
  • „Niederlande: Weniger schwere Komplikationen nach Hausgeburten“, Deutsches Ärzteblatt, abgerufen unter: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/54800/Niederlande-Weniger-schwere-Komplikationen-nach-Hausgeburten (05/2021)
  • „Die Hausgeburt“, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, abgerufen unter: https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/die-geburt/geburtsort/die-hausgeburt/ (05/2021)

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